Die Alte Kirche

Geschichte


Das im 30-jährigen Krieg entvölkerte Niedernhausen ist arm an historischen Gebäuden. Eines der wenigen, die aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg stammen, ist die frühere Kirche „Mariä Geburt“, die man heute als das „Zentrum Alte Kirche“ kennt.

 

Die Baugeschichte ist kurios: Als man im 19. Jahrhundert fand, dass es an der Zeit sei, den hiesigen Katholiken eine eigene Kirche zu geben (bisher mussten sie zum Gottesdienst nach Oberjosbach laufen), wollte man den Kirchenbau mit dem Nachbarort Königshofen gemeinsam betreiben. Jedoch zerstritt man sich über die Modalitäten. Am Ende bauten die Niedernhäuser eine von Königshofen möglichst weit entfernte Kirche geringer Größe nur für sich selbst. Es entstand eine einfache Saalkirche mit Apsis, außen mit einem Dachreiter statt eines Turms. Trotz ihrer Schlichtheit ist die „Alte Kirche“ als eines der wenigen älteren Bauwerke prägend für das Ortsbild.

 

Sie folgt den Ideen des Historismus. Das ist ein stilgeschichtliches Phänomen, in dem man sich auf frühere „historische“ Epochen besann. In der Kirche Mariä Geburt finden wir ein Beispiel für einen „neugotischen“ Bau. Doch zog man hier eine subjektive Interpretation der Gotik einer reinen Nachahmung vor. Stilformen werden zwar aufgegriffen, aber nur in einer sehr einfachen Weise. Wir sehen die typischen Spitzbogen mit ihrer vertikalen Tendenz an den Fenstern und am Portal. Das „himmelwärts Strebende“ der Gotik erkennt man auch in der schmalen Form der Fenster und der Gestalt des Dachreiters. Innen finden sich Gewölberippen als Stilzitat nur in der Apsis. Die Fassade ist symmetrisch gegliedert. Über Portal und Fenstergruppe ragt eine Konsole aus der Wand, die eine fast lebensgroße Figur der Maria trägt. Sie wird von einem kleinen Baldachin geschützt. Die symmetrische Harmonie der Fassade wird aufgebrochen durch eine Wandnische links neben dem Portal, in der ein Kruzifix zur Andacht einlädt.

Nach 1945 erlebte Niedernhausen einen starken Bevölkerungszuwachs, sodass die alte Kirche nicht mehr ausreichte. Eine neue Kirche wurde errichtet. So blieb die „Alte Kirche“ seit 1960 leer und verfiel, bis einige Bürger 1980 den Verein „Alte Kirche“ gründeten, einen Eintrag ins Denkmalbuch bewirkten, das Gebäude durch einen Erbbaupachtvertrag übernahmen und es mit Hilfe von Spenden sanierten und renovierten.

Heute wird das Gebäude von diesem Verein durch regelmäßige kulturelle Veranstaltungen und Vermietungen mit Leben erfüllt.