Paul Bokowski erzählt verschmitzt, was ihm so auffällt im Leben

Eine gelungene Matinee im ZAK


Zu Gast war zu einer Matinee am Sonntagvormittag ein Autor aus Berlin, dessen Wurzeln und Heimat Wiesbaden ist, wie er zur Begrüßung erzählte. Paul Bokowski, 41 Jahre alt, lebt zwar seit 21 Jahren in Berlin, hat aber, wie er schmunzelte, starke Erinnerungen an seine Kind- und Jugendzeit – unter anderem in seinen Erzählungen in 3 Büchern niedergeschrieben – in daraus ausgewählten Geschichten im ZAK vorlas. Bücher mit Titeln, die neugierig machen, wie „Bitte nehmen Sie meine Hand da weg“, „Alleine ist man weniger zusammen“ und sein überarbeitetes Buch „Hauptsache nichts mit Menschen“, das auch das Motto der Lesestunde war. Paul Bokowski, Schriftsteller, Satiriker und Vorleser war Gründungsmitglied der Berliner Lesebühne, ist im PEN Berlin und dem Autorenkollektiv aktiv. Seine Bücher mit humoristischen Geschichten erreichten hohe Auflagen. 

 

Hat ER die Corona-Pandmie verursacht?

Viel Schalk blitzt aus seinen Augen, als er – am Lesetisch sitzend – in seinen Büchern blätterte, als wolle er spontan entscheiden, was er nun vorlesen wird. Humorlesung nennt er seine „Arbeit“ und bekennt, wie seine Bücher ihm in der Corona Pandemie viel Ärger eingebracht hätten. Er sei doch in den Verdacht geraten, mit seiner Schreibe von Corona-Texten diese Pandemie auch verursacht zu haben. So sein Bericht in der Ouvertüre zur Impfung seiner Familie mit den bürokratischen Hürden. Im Dialog mit dem Gesundheitsamt – aber auch mit dem Datenschutz, elektronischer Kommunikation, den Apps auf dem Handy und dem QR-Code.

 

Fahren mit dem Zug ...

Er fahre ja viel mit dem Zug, erklärte er zu seinen Reisen, so auch nach einer Lesung in Magdeburg-Neustadt. Detailfreudig und präzise mit Uhrzeit schilderte er seinen Aufenthalt auf dem Vorortbahnhof, wo der Regionalexpress 37 um 23.15 Uhr nach Berlin abfahren sollte. Zug entfällt, hieß es, einen Schienenersatzverkehr dafür gebe es, ab Magdeburg HBF ginge es doch noch nach Berlin. Dort erneut Durchsagen mit unerklärlicher DB-Logistik hin und her. Schließlich Ankunft in Berlin um 3.51 Uhr mit Frühgeburt und näherem Kennenlernen der Reisenden im Zug. 

 

Reisen birgt eine Fülle an Material

Reisen sei eben sein Ding, schon früh mit seinen Eltern und Schwester Anna. Briefe habe man regelmäßig gewechselt, weil entweder seine Schwester unterwegs war, oder er. Aus denen er vorlas – erkennbar mit beider Fähigkeit, Details zu schildern, die immer mit einer kleinen Pointe zum Lachen anregte. Wie überhaupt in der Lesung seine Erzählfreude, seine Fähigkeit, genau zu beobachten und detailtreu zu beschreiben erkennbar war. Bei ihm mal temporeich, mal gebremst inhaltstief Erlebnisse zu schildern, macht richtig Spaß zuzuhören.

Paul Bokowski erzählt verschmitzt, was ihm so auffällt im Leben (Foto: Eberhard Heyne)

Nie langweilig

Die Breite seiner Rhetorik hält die Spannung, ist kurzweilig und vermeidet tote Pausen. Langweilig sind seine Erzählungen nie – man merkt ihnen die Freude des Autors am Plaudern und Ausmalen von Begebenheiten an. Lesen mache hungrig und müde, meinte er und ruft zur Pause.

 

Das Tourtagebuch

Ein Tourtagebuch führe er, sagt er – von Sololesungen in Kleinstädten bis zu den Kleinkunstabenden in der Schweiz. Und schildert nummerierte Höhepunkte, die ihm als Ungewöhnlichem begegnet sind. Auch Skurriles ist ihm nicht fremd – so bei der  wandernden Waschmaschine. Eine Hymne an seine Überzeugung, alles besser als  die andern zu wissen. Oder bestes Kabarett in seinem Flug „Air Berlin 422 nach Palma, Mallorca“. Probleme mit dem Fahrwerk vor dem Start, außerdem eben Insolvenz der Fluggesellschaft angemeldet. Tröster ist der Rotwein Merlot für die Crew, deren lallende Ansagen zur Reiseflughöhe von 2,9 Promille und richtig Spaß im Publikum führen. Die Flut von Newslettern als digitale Rundschreiben und die verzweifelten Versuche, sie abzubestellen gibt es als Zugabe. Ein kurzweiliger Vormittag also mit einem Autor und seinen Büchern, die in der Buchhaltung Sommer erhältlich sind.

 

Eberhard Heyne

 

Der Artikel erschien im Niedernhausener Anzeiger am 13. Juli 2023. Danke, dass wir ihn an dieser Stelle veröffentlichen dürfen.